„Un kilometr‘ à pied, ca use, ca use“?

Nein, genau genommen, nicht nur einen Kilometer, sondern 1017,3 km lagen mehrere Wochen zwischen unserer Schülerin Anna-Luisa Strick und dem IBG. Ihren Erfahrungsbericht könnt ihr unten nachlesen. Ok, Spoiler: Den Weg hat sie nicht zu Fuß zurückgelegt :-)

Eine Verbindung zu Frankreich hatte ich immer schon. Ich wohne nicht nur direkt an der Grenze, sondern habe auch schon einige Urlaube dort verbracht. Doch wie ist es zwei Monate über 1000 Kilometer entfernt am Atlantik zu leben? Die Antwort auf diese Frage habe ich dank meines Erasmus+-Stipendium erleben dürfen.

Nach einer beinahe zehnstündigen Zugfahrt mit diversen Umstiegen und einem Brand auf der Bahnstrecke kam ich in Lorient an. Natürlich war ich schon ganz aufgeregt und gespannt, wie alles sein wird. Meine Gastmutter Nina, mein Gastvater Olivier sowie die betreuende Lehrerin der Schule haben mich am Bahnhof abholten. Mit meiner Gastfamilie hatte ich schon zwei Monate vor meiner Anreise per Mail Kontakt, damit wir uns nicht ganz fremd sind und auch schon organisatorische Dinge klären konnten. So wusste ich schon, dass meine Gastfamilie vier Kinder hat: Margot (15 Jahre), Juliette (12 Jahre), Nério (10 Jahre) und Ronan (7 Jahre). Beim Abendessen haben wir uns alle schon ein wenig kennenlernt und haben uns gefreut, dass wir uns jetzt endlich persönlich sehen konnten. Sie haben mir das Haus, mein Zimmer und den Garten mit Pool gezeigt. Während den zwei Monaten habe ich am gesamten Familienleben teilgenommen. Wir haben zusammen gekocht, Spiele gespielt und Sport gemacht. Ich habe auch die beiden Jungs regelmäßig von der Schule abgeholt und mit ihnen Hausaufgaben gemacht. Die Wochenenden haben wir am Meer verbracht und die Bretagne entdeckt. In den zweiwöchigen Herbstferien sind wir zusammen in den Urlaub gefahren und haben beispielsweise die weltbekannte Mont-Saint-Michel besichtigt. Generell ist die richtige Gastfamilie der wichtigste Punkt des Auslandsaufenthalts. Es gab zum Beispiel einen Vorfall bei der Einrichtung für Flüchtlinge, wo ich ehrenamtlich während meiner Langzeitmobilität geholfen habe. Ich habe meine Sorgen dann meiner Gastfamilie erzählt und sie haben gleich Kontakt mit der zuständigen Lehrerin aufgenommen. Bei meiner Gastfamilie habe ich mich wohlgefühlt, sodass ich kein Heimweh hatte.

Es war auch eine große Bereicherung am französischen Schulleben teilzunehmen. Ich besuchte das „Lycée Victor Hugo“ in Hennebont, welches auch meine Gastschwester Margot besucht. An meinem ersten Schultag wurde ich von meiner Gastfamilie zur Schule begleitet und freudig vom Direktor der Schule begrüßt. Er führte mich in meine neue Klasse, eine Abschlussklasse, die ungefähr den gleichen Stoff behandelte wie meine Klasse in Deutschland. I        n meiner Klasse ich mich habe ich mich mithilfe eines Vorstellungsvideos präsentiert, sodass die Schüler einen Einblick in mein Leben in Deutschland erhalten haben. Drei Mädchen aus der Klasse haben sich bereit erklärt, sich während der zwei Monate um mich zu kümmern. Sie haben mich erstmal durch das Schulgebäude geführt, dass mich aufgrund der Größe der Schule (800 Schüler) zu Beginn erschlagen hat. Wir haben nicht nur den Unterricht und die Pausen im Park zusammen verbracht – sondern, uns auch außerhalb der Schule getroffen. Am Unterricht habe ich in den Fächern Sport, Englisch, Mathe, Deutsch und Biologie teilgenommen. Dem Unterricht konnte ich in der Regel gut folgen. Nur in Biologie war es manchmal schwierig, da das Verständnis dort durch das Fachvokabular eingeschränkt ist. Den Deutschunterricht der Schüler konnte ich als Muttersprachlerin natürlich bereichern, in dem ich ihnen beispielsweise bei den Aufgaben geholfen und vorgelesen habe. Da ich nur 15 Unterrichtsstunden pro Woche hatte, hatte ich ausreichend Zeit, meinen Schulstoff aus Deutschland nachzuarbeiten und meine Blogbeiträge und Tagesberichte zu schreiben. Zur gleichen Zeit hat auch ein Mädchen aus Polen ihre Langzeitmobilität in Hennebont verbracht, was mir selbstverständlich auch geholfen hat. Wir waren beide in der gleichen Situation und konnten uns darüber auszutauschen. Es war spannend über mehr über das Leben von Magdalena in Polen zu erfahren. Wir beide erlebten gleichzeitig, wie man sich über einen längeren Zeitraum in einer anderen Familie integriert. Magdalena jedoch hatte noch zusätzlich die Sprachbarriere zu überwinden, da sie nur Englisch gesprochen hat. Am Ende waren waren wir noch zusammen shoppen und haben uns sogar angefreundet!

Es war spannend zu erleben, wie sich der Schulalltag in Frankreich im Vergleich zu uns in Deutschland gestaltet. Die Noten bewegen sich auf einer Skala von 0 bis 20 Punkten, wobei 20 die beste Note ist (die man fast nie bekommt) und 0 die schlechteste. Wie fast alle französischen Schulen hat das Gymnasium eine eigene Kantine, in der die Schüler ein warmes Mittagessen mit vier Gängen bekommen. Dafür nimmt man sich auch zwei Stunden Zeit, was vielleicht begründet, warum es keine Seltenheit ist, dass die Schüler bis 18.00 Uhr Unterricht haben. Nach dem langen Tag müssen die Schüler trotzdem noch Hausaufgaben machen, sich auf Klassenarbeiten vorbereiten und haben dann noch ihre Freizeitaktivitäten. Am Anfang war es eine Herausforderung für mich, den veränderten Tagesrhythmus zu schaffen, denn der Tag beginnt in Frankreich beginnt und endet deutlich später als bei uns in Deutschland.

Als sprachliche Vorbereitung auf meinen Aufenthalt habe ich zusätzlich Alltagsvokabular gelernt. Obwohl ich seit der Grundschule französisch lerne, hatte ich zu Beginn Verständnisprobleme, welche die Maskenpflicht natürlich nicht verbessert hat. Nach zwei Wochen jedoch hatte ich mich an das Sprechtempo gewöhnt und konnte dem Inhalt folgen- auch wenn ich nicht jedes Wort verstanden habe. Insgesamt kann ich sagen, dass ich mein Französisch in allem Bereichen verbessert habe. Als ich zurückgekehrt bin, habe ich gesehen, dass mir die Kommunikation einfacher gelingt, als vor meiner Auslandsreise. Ich denke nicht mehr so oft darüber nach, welches Wort ich wann und wie verwende. Ich habe mich sogar schon dabei ertappt französisch zu denken!

 

Abschließend kann ich nur sage, dass meine Erasmus+ Schüler-Langzeitmobilität eine einzigartige Möglichkeit war, Kontakt zu Gleichaltrigen unterschiedlichster Nationalitäten zu knüpfen und einander Fragen zu stellen. Ich habe erfahren, wie anderen Beteiligte leben und wie sich ihr Schulalltag gestaltet.  Ebenso interessant war es, sich über einen längeren Zeitraum in eine andere Familie zu integrieren. Letztendlich habe ich unendlich viele Erfahrungen gesammelt, den Umgang mit Menschen anderer Gewohnheiten geübt, viele neue Menschen kennenlernt und den französischen Alltag erlebt. Ich habe durch den Auslandsaufenthalt einen etwas anderen Blickwinkel auf unser (Schul-)Leben erhalten und meine sprachlichen Fähigkeiten weiterentwickelt. Ein weiterer wichtiger Punkt während der Zeit im Ausland ist die Flexibilität, die ich mir angeeignet habe. Vom ersten Tag an musste ich mich in völlig neuenSituationen und einer neuen Umgebung zurechtfinden. Dies stellte aber überhaupt kein Problem dar. Im Gegenteil: Mit meiner Gastfamilie, meinen Patinnen und meinen Mitschülern konnte ich die Herausforderungen schnell bewältigen. Mir hat der Aufenthalt auf jeden Fall geholfen „zu wachsen“. Die zwei Monate, sind extrem schnell vergangen und waren die aufregendsten in meinem Leben. Ich kann jeden empfehlen mutig zu sein und sich in dieses Abenteuer zu stürzen – es wird eine unvergessliche Zeit werden!

 

Anna-Luisa Strick

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